Eine Mitseglerin berichtet:
Gemeinsam ein altes Traditionssegelschiff über die Ostsee führen… Dabei wundervolle Sonnenauf- und-untergänge am freien Horizont bestaunen… Die alten Holzplanken knarren und quietschen hören, neben dem seitlichen Klatschen der Wellen gegen das Schiff…
Die treue, im Jahr 1887 gebaute, Amphitrite vom CLIPPER-Verein machte es mit einer wunderbaren Stammcrew (bestehend aus dem Kapitän Maik, den zwei Steuerleuten Dina und Harald, dem Maschinisten Ingo und dem Koch Siggi) auch dieses Jahr wieder möglich, unsere bunt zusammengewürfelte Truppe von LEBENSDURSTICH in die Geheimnisse der Seefahrt eintauchen zu lassen.
Unser Törn startete am Sonntagmorgen, dem 01. September 2024, in Wismar. Am Vortag hatte sich ein Großteil der Reisegruppe bereits ab Köln gemeinsam auf den Weg gemacht. Während der langen Zugfahrtstiegen nach und nach immer mehr Mitsegler aus verschiedensten Regionen Deutschlands hinzu, sodass wir letztendlich ganze 27 Crewmitglieder waren.
Die Route des siebentägigen Segeltörns ging vorbei an der Insel Poel, über Fehmarn und Kiel, nach Eckernförde.
Beim ersten Ablegen im Wismarer Hafen, wurden direkt im All-Hands-Manöver, die Segel gesetzt. Den meisten von uns war die Seemannssprache bisher nur wenig geläufig. Dennoch waren einige Kommandos, wie „Hoool die Piek“ oder „Hoool die Klau“ recht schnell verinnerlicht. Heute rufen sie sicherlich, bei vielen von uns, unmittelbar wieder diese eindrucksstarken Bilder im Kopf hervor, wie wir uns alle gemeinsam in die Seile hängen, um die Segel zu hissen. „Du kannst mehr, als Du denkst. Und Du bist stärker, als Du denkst“, waren hierbei oftmals die bestärkenden Worte von Harald.
Egal wie unterschiedlich voll unsere inneren Akkus waren, so konnten wir stets spüren, dass genau dieses Ausmaß, welches wir im jeweiligen Moment geben konnten, richtig und wichtig war, um die „Amphi“ gemeinsam zu segeln. Das besondere Gefühl der tiefen Verbundenheit untereinander begleitete uns während des gesamten Törns und sorgte dafür, dass oftmals nur wenig Worte genügten, um einander zu verstehen. Schwere Themen konnten in der Gruppe ganz leicht werden, der Austausch von Erfahrungen und Impulsen bereicherte uns einander. Doch nicht nur mit Gesprächen, sondern auch schweigend in die Ferne blickend, in der Sonne dösend oder musikalisch begleitet, mit Geige, Gitarre, Blockflöte und Gesangstalenten, genossen wir das Leben an Bord.
In eingeteilten Wachgruppen war es die Aufgabe eines jeden Mitseglers, soweit es ihm möglich war, alles für einen reibungslosen Törn im Blick zu behalten. Mal galt es, den vorgegebenen Kurs am Steuer zu halten, mal war es der Ausguck über das weite Meer samt Berichterstattung über Schwimmkörper, Boote oder Wegpunkte auf dem Wasser. Außerdem wurde täglich eine Person aus jeder Wachgruppe von den Aufgaben an Deck freigestellt und stattdessen der Backschaft mit Siggi in der Kombüse zugeteilt. Fleißig haben wir dort den Abwasch gemeistert, Gemüse geschnibbelt und geklönt…
Neben einem kurzen Gewitter war das Wetter nahezu dauerhaft perfekt! – viel Sonne und wenig Wolken. Nach dem Ankern in der Kieler Bucht, lud es einige ein, hoch auf den Mast zu klettern oder vom Klüverbaum ins Meer zu springen. Ingo, der Maschinist, schilderte ganz beeindruckt, es sei nach all seinen Segeljahren der erste Törn, bei dem jede einzelne Mahlzeit an Deck (und nicht unten in der Messe) hat stattfinden können. Welch ein Geschenk!
Am letzten Tag, nach dem Anlegen im Eckernförder Hafen, nahmen wir dann stolz von Kapitän Maik die Bestätigung unserer 209 Seemeilen entgegen. YES! Gemeinsam haben wir es geschafft und jeder von uns konnte bei diesem Törn seine ganz eigenen Schätze sammeln und diese, LEBENSDURSTICH aufgetankt, mit nach Hause nehmen.